Meinung:
PARIS/BRUCHSAL/NOGENT: Der zehn Milliarden Umsatz-Deal ist nach rund einem Jahr unter Dach und Fach. Die zwei "Michels" aus Klein-Lönneberga Nogent sur la Seine machen sich – mit (geschätzt) einer knappen halben Milliarde auf dem Trecker-Hänger – vom mit Pestiziden besprühten Acker bzw. aus dem mit Mykotoxinen belasteten Gerstenstaub. Der neue Agrar-Gigant hat Pläne die von den Geldgebern getrieben sind: Wachstum generieren, verdrängen, Marktmacht für Preisdiktat nutzen, Gewinne in der gesamten Wertschöpfung im Konzern halten und filetieren ...
Das liest sich natürlich in den Presse-Mitteilungen und auf der Homepage hinsichtlich der VISION 2030 alles ackerbaulich-korrekt feinstvernebelt. Doch wie im richtigen Leben, gefällt nicht jeder gesunde SMOOTHIE – auch wenn er auf den ersten Blick durchaus lecker verpackt im Kühlregal steht. Unter Betriebstemperatur hat da so manches Säftchen einen übel-penetranten Geruch und schmeckt im Abgang bitter.
Drei knallharte strategische Ausrichtungen gibt der Konzern dazu als Nebelkerzen aus:
Und fünf - den Aktionären - schmeichelnde Ziele werden gleich Pflanzenfett-Wachsweich dazu fabuliert:
Eine Frage grundsätzlicher Natur in Mälzereien bleibt bestehen. Haben sich die Käufer und ihre Lackschuh-Finanzjongleure nur die Bücher der aufgehübschten Braut angeschaut oder mal unter den Rock, respektive die zugeschleimten Hordenbleche gefasst und auch die maroden, teils desolaten Assets ihres verstaubten Deals mit Sicherheitsschuhen und Staubmaske durchwandert. Wenn Letzteres zutreffen sollte, dann sind die KKR-Créditeure gut beraten sich schnellstmöglich aus der Ex-Zone zu begeben, bevor Ihnen die eigenen Hygiene-Katastrophen oder auch ein ganzes Werk abfackelt und um die Ohren fliegt.
Die Verbraucher und Bierkonsumenten werden jedenfalls keinen Nutzen aus den oben fabulierten Zielen haben, das hat sich in früheren Brauerei- und Mälzerei-Konzentrationsrunden bereits eindrucksvoll gezeigt. Es werden weder Preisvorteile, noch ökologisch wertvollere Prozesse, noch qualitative Zugewinne etabliert – das Gegenteil bei allen drei Punkten hingegen ist durchaus möglich.
Geschichten erzählen, Krisen führen – nicht etwa nur managen –, kritische Reputationsprobleme managen und Unternehmensgeschichte sowohl verbessern als auch neu gestalten, das sind die Kernkompetenzen einer Top-Desinformations-Truppe die, die Seiten gewechselt hat, renommierte Leute aller Orten. Mit Stolz wird da ganz offen erzählt, dass man BP mit seinem Deepwater Horizon Debakel oder den Bayer-ist-irre-Monsanto-Deal und auch große Flugzeugabstürze "erfolgreich" durch die Krise führt. Nun denn, Transparenz lässt sich diesbezüglich nicht leugnen, man wirbst mit all diesen Aussagen offen auf der Unternehmens-Homepage. Man darf also auf die weiteren tollen Fantasy-Stories gespannt sein die ja schliesslich die Konsumenten hören wollen, sollen, müssen.
In den letzten 20 Jahren hat sich die Getreide- und Malz-Branche jedenfalls im Vergleich zu vielen anderen Industriebereichen eher zurückentwickelt, als dass mit großen Sprüngen und Visionen an einer besseren Zukunft gewerkelt wurde ... es ist also ordentlich Luft nach Oben.
Wünsche für ein schönes Wochenende nach Saint-Denise, Paris, Nogent sur la Seine und natürlich an alle deutschen Leser ...
... Bereits im Januar 2021 haben wir an dieser Stelle berichtet und kommentiert:
14.01.2021
Ein Meinungsbeitrag:
Nun ist es raus: Es war schon lange klar, dass der liebe „Jean-Michel und sein le papa Michel“ kein wirkliches Interesse am Erhalt der „Groupe-Soufflet“ haben können, keine Nachkommen, keine Nachfolge in Sicht, ergo keine Verpflichtungen und Sinnhaftigkeit sich weiter zu quälen...
Der entsandte „petit Napoleon-Führungsoffizier“ der deutschen Soufflet-Durst-Mälzereien wird sich sicher nicht freuen, wenn jetzt eine noch steifere Brise vom Westen her weht.
Übrig bleibt bei dieser Übernahme: Ein sich selbst feierndes chaotisches Management, welches dem „Vater-Sohn-Gespann“ seit Jahren mit ehrgeizigen Expansionen und bescheidener „due Diligence Performance“ wahrscheinlich jeden Tag die Sinne geraubt hat...
Erst „Neuhauser“, „le Cro Baq“, dann die deutschen „Durst-Fabriken“, bei der sich das größte Schlitzohr der deutschen Mälzer die Taschen vollstopfen ließ. Der hat dann den Absprung hingelegt, Kasse gemacht, lacht sich sicher immer noch schlapp und sitzt mit roten Backen freudestrahlend am langen Eigentümer-Tisch unter einem Eichenbaum mit einem ebensolchen und prostet der jetzt flüchtenden ersten Ehrenlegion aus Nogent sicher zu. Also insgesamt alles, katastrophal vorbereitete und mangelhaft umgesetzte Übernahmen einer abgehobenen Franzosenmannschaft in Ihrem „Headquarter“ auf der anderen Seite der Seine…
Ob in Frankreich, England oder Deutschland, gerettet wurden diese Investments oft nur durch die relativ günstigen Marktbedingungen und die Konzerngrösse die Ihnen etwas in die Hände spielten.
Wenn man den lancierten Veröffentlichungen der Groupe Soufflet glauben kann dann wird es noch katastrophaler für die deutschen Brauereien hinsichtlich Malzbeschaffung. Denn jetzt tritt eine exklusive AGRAR Genossenschaft mit auf, die mit dem Reinheitsgebot und Kundenorientierung noch weniger am Hut hat, als es die Groupe-Soufflet bereits vielfach bewiesen hat.
Die InVivo-Gruppe, als eine nationale Vereinigung französischer landwirtschaftlicher Genossenschaften mit mehreren strategischen Standorten im Ausland, und die Soufflet-Gruppe, eine französische Agrarlebensmittelgruppe mit internationaler Dimension, gaben bekannt, exklusive Verhandlungen aufgenommen zu haben, um 100% des Kapitals der Soufflet-Gruppe durch die InVivo-Gruppe zu erwerben.
Die Mini-Familie männlicher Soufflet´s macht sich also mit ein paar hundert Millionen vom bildlich gesprochenen „Acker“ und aus dem mykotoxingeschwängerten-"Gersten-Staub“. Bon Voyage will man da hinterherrufen. Sie verkaufen ihren ganzen Kram ausgerechnet an die stets bekämpfte und beschimpfte „Genossen“-schaftkooperative, die mit staatlich protegiertem Rückenwind stets mehr Wind unter die gut gefüllten Segel bekam…
Die Begründung auf der Homepage von Soufflet liest sich wie die vielstimmige Kakophonie einer Storytelling-PR-Bande: In Wirklichkeit geht es um Kohle und um Macht. Die Interessen der Agrargenossenschaften in Frankreich und der internationale "Erpresserdruck" werden weiter wachsen. Verlierer werden alle die sein, die nicht mehr mithalten können. Die edlen Ziele der Geschichtenerzähler kann man getrost in die bekannten Tonnen treten wo der Verbal-Müll ja auch hingehört.
Es verfestigt sich ein französischer Agrar- und Agrarlebensmittel-Champion und Gigant von internationalem Umfang und voraussichtlichen Allmachtsphantasien im Vordergrund seiner Visionen. Dieser ist in der Lage, die Herausforderungen und Probleme des Agrar- und Agrarlebensmittelsektors in den Bereichen Gesellschaft, Umwelt, Technologie und Ernährungssouveränität nicht nur zu bewältigen, sondern den Markt derart unter Druck zu setzen, dass die Ausbeutung und Lieferkettenbesetzung noch grössere Ausmaße annimmt. Für die genossenschaftlich organisierten Landwirte und Akteure im französischen und EU-weiten Agrarlebensmittelsektor wird so ein Monster geschaffen, welches auch hinsichtlich seiner bekannt-massiven Lobbyarbeit in Brüssel nur noch schwerlich im Griff zu behalten sein wird.
Mit einem Gesamtumsatz von fast 10 Milliarden Euro, von denen etwa die Hälfte international generiert wird, würde diese neue Gruppe sowohl in Frankreich als auch international in mehr als 30 Ländern mit mehr als 90 Industriestandorte, darunter 59 in Frankreich, und mehr als 12.500 Mitarbeitern entstehen.
Das Erreichen einer solch kritischen Größe wäre eine einzigartige Gelegenheit für einen unbestrittenen französischen Marktführer, mit Unterstützung seiner landwirtschaftlichen und industriellen Partner diese Druckszenarien zu entwerfen und dauerhaft zu beeinflussen.
Philippe Mangin, Vorsitzender der InVivo-Gruppe, betont: "Der Zugang zu Nahrungsmitteln ist zu einem strategischen Thema geworden, das die Notwendigkeit der Wahrung der Ernährungssouveränität in Frankreich - Lebensmittel 'made in France' - aber auch in Europa verstärkt. Die Zusammenführung unserer beiden Gruppen würde es somit ermöglichen, mit einer 100% igen französischen Antwort dieser Herausforderung zu begegnen und eine Speerspitze im Dienste des landwirtschaftlichen Übergangs und der Interessen von "Ferme France" zu bilden.
Vive la France: „France first“, klingelt da was?
Die Kombination der Markmacht dieser beiden führenden französischen Akteure würde die Sektoren vom Feld bis zum Verbraucher bei der Herstellung von Weizen, Gerste, Pflanzenproteinen und dem Rebsektor erheblich ausbauen und den Druck weiter vergrößern. Die Gutmenschen von der Seine wischen allen „Malzabrieb in die Augen“ wenn sie ausführen: „Die Bündelung des Know-hows und der Fähigkeiten der beiden Gruppen würde somit die Erwartungen der Bürger erfüllen, die besorgt über die Qualität und Sicherheit der Lebensmittelkette, den Schutz ihrer Umwelt, die Förderung von Gebieten und natürlich die eine bessere Bewertung der landwirtschaftlichen Produktion.“
Als hätte die „Fremdenlegion“ den nationalen oder gar deutschen Konsumenten im „wohlwollenden“ Blick, ein Witz oder?.
Der Erhalt der Marke Soufflet und ihrer Talente würde den Grundstein für diese Fusion bilden, führt der Seniorchef aus, die es ermöglichen würde, die Werte, die Positionierung und das Know-how jedes Einzelnen zum Nutzen aller optimal zu nutzen. Na, dann Prost, das "Tunneltreiben" geht in die nächste Blindflugkurve.
Thierry Blandinières, CEO der InVivo-Gruppe, fasst es so zusammen: "Die Vereinigung unserer gemeinsamen Unternehmen im Getreidehandel würde die internationale Positionierung der neuen Gruppe stärken. Die Komplementarität aller unserer anderen Geschäftsbereiche, wie die Bündelung unserer materiellen und personellen Ressourcen, die Legitimität unseres Know-hows und unser einzigartiges agronomisches Wissen, das sich über Jahrzehnte angesammelt hat und mit starken Ankern in unseren Territorien verbunden ist, würde es uns ermöglichen auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette eingreifen. Wir wären daher ideal positioniert, um die immer komplexer werdenden Probleme des Übergangs von Landwirtschaft und Ernährung zu lösen, die nur große Akteure annehmen können."
Gemeint ist damit sicher von Blandinières nicht ein „eingreifen“, sondern interpretiert und auf Klardeutsch umformuliert: …auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette anzugreifen…aber das kann man natürlich nicht laut sagen…Nestlé produziert seine teuren Trinkwasser für Afrika schliesslich auch gem. eigener Bekundungen und sinngemäß "um einen nachhaltigen, bewussten Umgang mit Wasser ins Bewusstsein der (verdurstenden?) Bevölkerung zu bringen...". Auweia. Nestlé als "Non Profit Welt-Durst-Hilfe NGO". Eine gewagte PR-Story für einen "Mega-Multi" aus der Schweiz.
Die Fusion zwischen den beiden Gruppen unterliegt der vorherigen Genehmigung der zuständigen Behörden im Bereich der Fusionskontrolle. Die gesamte Operation könnte vor Ende 2021 abgeschlossen sein, wie Soufflet weiter bekannt gibt.
Na, dann Prost, ist ja schon Spät! Ich mein ja bloß.
Die Meinungs-Kolumne zum Feierabend-Bier!