Ein Meinungsbeitrag. #1 von 100
Gerste und das daraus hergestellte Malz ist oft mit einem oder mehrerer Stoffe, Belastungen durch Toxine verunreinigt oder kontaminiert, welche nicht erwünscht, aber gem. einschlägiger Lebensmittel-Verordnungen bis zu entsprechenden Höchstgrenzen erlaubt ist. Es darf also in Verkehr gebracht werden, wenn es diese Grenzwerte nicht überschreitet. Dies gilt im Regelfall in Bezug auf den eingesetzten Rohstoff, die Gerste, den Weizen, oder anderer zugelassener Cerealien wie z.B. Roggen/Dinkel, welche für den Brauvorgang verwendet werden.
So weit so gut. Gerste (oder auch alle anderen verwendeten Feldfrüchte) ist ein Rohstoff, welcher in einer natürlichen, Feldlandschaft, nicht im Gewächshaus unter reproduzierbaren Bedingungen, aufwächst.
Es ist ganz natürlich, das somit Feldpilze, Pestizide, Fungizide, Halmverkürzer etc. in Spuren dem Getreide anhaften. Je nach Beschaffenheit des Jahrganges, der Witterungsbedingungen, der Nachbarfelder, der eingesetzten Spritzmittel ist der Rohstoff mehr oder weniger belastet, oder eben auch weitgehend unbelastet wenn er vom Feld kommt.
Die Direkterfassung heutiger Handels-Mälzereien macht einen Anteil direkt aufgenommener Gerste/Weizen von im Schnitt 15-25% aus. Dies hängt maßgeblich von den Lagerkapazitäten neuer Ernte, der noch benötigten alterntigen-Gerste und der jeweiligen Ernte hinsichtlich Menge und Logistik ab.
Während der Lagerzeit der unvermälzten Gerste können je nach Lagerbedingungen (technische Ausstattung, Konstruktion, Belüftungsmöglichkeiten, Kühlung, Umlagerung), der Lagerdauer, der Qualifikation des Personals und den agrarseitigen Vorbedingungen (Einsatz, Häufigkeit von Spritzmitteln) und den Wetterbedingungen (Nass/Trocken/Heiss/extremem Wechsel usw) während der Lagerung bereits "angelieferte" Kontaminationen vergrössert werden. Seien dies biologische (Mykotoxine/Schimmel) Belastungen, Schädigungen der Keimanlage und Premalting, Bruch, Feuchteschäden und vor Allem Schädlingsbefall noch hinzukommen.
Je länger die Dauer zwischen Ernte und Verarbeitung ist, umso weiter wird die Gerste geschädigt, auch die Kontaminationen oder der Schädlingsbefall nehmen zu.
Der Mälzer hat viele Möglichkeiten dem zu begegnen. Im Regelfall werden diese gesunderhaltenden Massnahmen durch schlecht geschultes Personal, Ignoranz, oder auch erzwungene Duldung trotz Kenntnis nicht voll, oder schlimmer noch, überhaupt nicht ausgeschöpft.
Im Gegenteil: meine Erfahrungen zeigen das 90 % aller Problematiken während der Lagerung entstehen, oder aber zumindest so eskalieren, dass eine nachhaltige, irreversible Gersten-Verarbeitungs-Problematik entsteht. Das resultierende Malz kann nicht besser sein als sein Rohstoff. Verarbeitungsprobleme in der Brauerei resultieren aus diesen Unzulänglichkeiten, welche durch den Mälzer stets bestritten werden.
Unter Umständen gelangt also eine, sagen wir, Mykotoxine und Pestzidbelastete Gerste in eine Mälzerei- oder Handelsseitige Lagerung mit schlechtem Lagermanagement. Die Belastung wird sich nun durch unsachgemäße Behandlung verstärken. Diese stark belastete Rohware wird nun in einenm suboptimalen Verarbeitungsprozess weiter drangsaliert.
Im Regelfall arbeiten Mälzereien mit einer Überbelegung Ihrer technischen Kapazitäten von mind. 5-10%, im Regelfall 15-25%. Dies wiederum hat zur Folge das eine gleichmäßige homogene Ankeimung, als Schlüssel einer guten Mälzungsarbeit, nicht, oder nicht optimal verläuft. Ventilator-, Kühl- und Wenderleistung entsprechen nicht der schieren Masse des Keimgutes. Da diese Funktionen (Pressung usw.) quadratischer Funktion sind, ist die Auswirkung massiv.
Lokale Temperaturspitzen bis zu 40 Grad im Keimgut, Oberflächenschimmel sind die Folge.Inhomogenität ist dabei noch der harmlose Problemfall.
Die klassische "Weichwasser-Wiederverwendung", d.h. das Auffangen von bereits benutztem Frischwasser nach der Weiche ist untersagt, da es nicht der TVO entspricht. Bis heute gibt es Mälzereien die dies komplett ignorieren. Es bestehen Weichwasser-Pufferspeicher, die geruchseitig einem Faulbecken einer öffentlichen Kläranlage alle Ehre machen würde. Dem weiteren qualitativen und quantitativen Belastungsmoment wird Tür und Tor eröffnet.
Wird aufgrund Keimschädigung (Keimenergie niedrig, und/oder Keimfähigkeit bei knapp 95%) mit dem verbotenen Zusatz von Gibberelin als Wachstumshormon (weckt die "fast toten" Gerstenkörner und pusht die Lebenden) gearbeitet dann ist weiteres Potenzial entstanden. Steht die Trocknungseinheit der Darre an einer befahrenen Bundesstrasse so entstehen weitere Belastungen durch NO-X Eintrag der Trocknungsluft und somit eine Erhöhung des Krebserregenden NDMA. Die alternativ, fragwürdige Schwefelverbrennung zur Reduzierung des NDMA werde ich in einem weiteren Freitag´Spät behandeln.
Wir haben nun eine Ansammlung an Rohstoff-, Lagerungs- und Verarbeitungsbedingten Kontaminationen vorliegen. Wenn es dumm gelaufen ist, dann liegen auch noch Schädlingsbefall von der Gerste und dem Malz vor. Schadnager in der Mälzerei besorgen dann den Rest.
Um eine stets gleichbleibende "Qualität" gemäß den kontraktlich vereinbarten Spezifikationen aus dem Malzschlußschein mit der Brauerei zu erhalten ist die Mälzerei stets gehalten mehrere Partien zu verschneiden. Dies ist kein Problem, solange keine Grenzwerte im Bereich der TVO oder Lebensmittelgesetzgebung verletzt werden.
Leider ist dies oft nur ein frommer Wunsch und die Brauerei tut oft gut daran nicht zu tief zu prüfen und zu analysieren.
In den Mälzereien gibt es keinen Ausschuß keine zurückgewiesene Ware und wenn dann geht diese zurück in den Handel und wird dort passend gemischt. Exakt das macht die Mälzerei auch. ob nun kritische Grenzwerte marginal oder deutlich überschritten werden, es wird passend gemischt. Hierbei werden oft ausgefeilte Programme eingesetzt, welche einer doppelten Buchführung/Bestandsführung entsprechen und im Reklamationsfall, bei Behördenkontrollen und bei Audits dann präsentiert werden können.
Monitoringprogramme wie zum Beispiel beim Mykotoxin-Monitoring sind oft nicht die Analyse wert die das Institut ausstellt, da die erhaltene Probe einem großen Sack von mehrfach untersuchtem Referenzmalz entnommen wird.
Immer und immer wieder wird so das gleiche Malz, oder die gleiche Gerste untersucht. Kommt wirklich einmal eine Grenzwerte verletzende Probe zu einem Institut, dann wird versucht diese auf dem kleinen Dienstweg unter den bekannten Persönlichkeiten zu revidieren, auch bekannte Institute machen hierbei keine allzu gute Figur.
Die Probe wird zurückgezogen, umgewidmet, als Test deklariert oder Sonstiges. Weder die Behörde, oder QS system werden informiert, noch wird Ware separiert.
Es wird gemischt nach der Devise: Alles muss weg, alles muss raus.
"MischenPossible" ist der Dauerauftrag im deutschen Mälzerhandwerk.
Na, dann Prost, iss ja schon Freitag-Spät! Ich mein ja bloß.
Die Meinungs-Kolumne zum Freitag-Feierabend-Bier!